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Raus aus dem Boreout – Die wahren Ursachen

© Depositphotos/AndreyPopov



Fast an keinem ist die Diskussion um den Burnout vorbeigegangen. Anfangs wurde der Zustand des „Ausgebranntseins“ (burnout) überwiegend dem Top-Management zugeschrieben. Mittlerweile weiß man es besser und diagnostiziert die damit verbundenen Symptome viel häufiger.

Schlaflosigkeit, Antriebslosigkeit, Übermüdung oder Stress sind nur einige wenige Erkennungszeichen für Burnout. Doch was hat es mit dem Boreout auf sich?

Boreout als Pendant zum Burnout

Wussten Sie, dass wenn es alleine nach den Symptomen ginge, Boreout ein Zwilling des Burnouts sein könnte? Ja, auch „Langweile“ kann auslaugen und krank machen. Langweile oder Unterforderung kann einen enormen Stress erzeugen, der in totaler Erschöpfung münden kann. Dabei leiden Menschen nicht nur seelisch. Auch das Immunsystem wird in Mitleidenschaft gezogen. Insbesondere psychosomatische Erkrankungen, wie Rückenschmerzen, Tinnitus oder Magenschmerzen, um nur einige wenige zu benennen, machen auf eine Dysbalance im Leben aufmerksam.

Allgemeine Definition

Wenn Sie sich im Internet informieren, wird Boreout als Unterforderung und Langeweile am Arbeitsplatz beschrieben. Es wird suggeriert, dass eine Veränderung der Rahmenbedingungen bereits die Lösung sei.

Aus meiner Sicht ist es etwas zu kurz gegriffen und tangiert lediglich die Oberfläche des Problems. In der Tat kann eine Veränderung der Arbeitsplatzsituation helfen, wenn Sie feststellen, Ihre Aufgaben entsprechen nicht Ihren Vorstellungen und daraufhin direkt handeln.

Wenn Sie aber bereits mit Symptomen von Boreout reagieren, so haben Sie über einen längeren Zeitraum einen Zustand toleriert und ertragen, der Sie leiden lässt. In solchen Fällen sind die Hintergründe meist tiefgreifender und eher in inneren Vorgängen, statt in äußeren Umständen zu suchen.

Alternativer Definitions-Vorschlag

Darüber, dass Boreout über die einfache Langweile hinaus geht, sind wir uns vermutlich einig. Hier besteht ein Zustand, der den Betroffenen in eine Erkrankung führt. Ähnlich, wie es beim Burnout die Überforderung tut. Und genau das ist auch das Schlüsselwort: die Überforderung. Auch bei Boreout liegt eine Überforderung vor. Bei Boreout handelt sich allerdings um eine emotionale Überforderung.

Ich bevorzuge daher die Definition: Boreout ist die intellektuelle Unterforderung bei emotionaler Überforderung.

Intellektuelle Unterforderung

Intellektuell unterfordert, sind wir immer dann, wenn wir unser Potenzial, unsere Ressourcen nicht abrufen. Dabei wären wir entweder quantitativ oder qualitativ zu mehr fähig. Diese konstruierte Kompetenz-Einschränkung erfolgt bei Boreout systematisch und läuft über einen längeren Zeitraum.

Emotionale Überforderung

Die emotionale Überforderung merken die Betroffenen, indem sie ihre Folgen – die Symptome – spüren. Sie können diese aber in der Regel nicht genau zuordnen. Der Grund dafür ist, dass die Ursachen für emotionale Überforderung meist auf der unterbewussten Ebene verborgen liegt. Zusätzlich findet, nach meiner Ansicht, die emotionale Überforderungen auf zwei Ebenen statt:

1. Ebene: Der Kampf gegen die Unterforderung

Grundsätzlich strebt der Mensch nach Entwicklung oder Entfaltung. Stagnation wird als einengend erlebt, sie bremst unser Streben aus und verbraucht dabei viel Energie. Daher ist bereits der Zustand der Unterforderung an sich mit Stress verknüpft. Das Unterbewusstsein weiß um die eigenen Fähigkeiten und kämpft gegen die künstlich gesetzten Grenzen an. Dieser Kampf im Inneren zerrt an den Energiereserven und verläuft für die meisten unsichtbar. Er trägt zur emotionalen Überforderung bei.

2. Ebene: traumatische Belastung

Genau auf dieser Ebene gilt es, nach der Ursache für Boreout zu suchen. Oft liegt in der Vergangenheit – meist in der Kindheit – eine traumatische Erfahrung vor. Dieses Trauma hat der Betroffene im Unterbewusstsein ganz individuell mit seiner Potenzialentfaltung verknüpft. Diese Verknüpfung ist so stark, dass das eine unmittelbar das andere „aktiviert“ (triggert). Für den Betroffenen bedeutet dies: will er oder sie das eigene Potenzial voll ausleben, kommt das alte Trauma zwangsweise mit all seinen Gefühlen wieder an die Oberfläche.

Ein Junge macht sich kleiner als er ist. Dies kann später zum Boreout führen.

Copyright pixabay/ambermb

Beispiel: Wächst ein Kind in einer Familie auf, in der die Eltern mit Ablehnung reagieren, sobald es etwas besonders gut macht, wird das Kind sich intuitiv anpassen, um die Beziehung zu den Eltern nicht zu gefährden. Es wird sein Können einschränken. Die Eltern könnten insgeheim neidisch auf die Leistungen des Kindes sein. So kann es dazu kommen, dass auch im Erwachsenen-Leben diese vermittelte Botschaft „du darfst nicht herausragend sein“ oder „du musst Mittelmaß bleiben“ unreflektiert tief in uns verankert bleibt. Dieser Botschaft entgegen zu handeln und sie zu überwinden, würde bedeuten, sich mit der Ablehnung der Eltern auseinanderzusetzen und sich schließlich davon zu befreien. Dies wäre gleichzeitig der Ausstieg aus dem Boreout.

In Konsequenz müsste demnach er oder sie sich mit der seelischen Belastungsstörung auseinandersetzen, damit es ausheilen kann.

Das Dilemma

Und hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Ist der Leidtragende noch nicht soweit, den Glaubenssatz zu überwinden und fühlt sich damit emotional überfordert, wird er die Konfrontation mit dem Trauma meiden und in Konsequenz unterbewusst sein Leistungsvermögen opfern. Die Folge: Unterforderung, die, wie wir gesehen haben, statt Linderung, emotionalen Druck und somit erneuten Stress auslöst. Um diesen Irrkreis zu durchbrechen, kann eine Begleitung durch einen neutralen Dritten, ob durch einen Coach oder Therapeuten, Abhilfe schaffen.

Heilung kennt keine Abkürzungen

Wichtig zu verstehen ist, dass unserem Zustand immer eine Entscheidung vorangeht. Diese muss uns, unserer Ratio nicht zugängig sein. Viele Entscheidungen, zum Beispiel für eine Vermeidungstaktik, finden auf der unterbewussten Eben statt. So kann es sein, dass wir uns für die Unterforderung entscheiden, weil wir etwa glauben, sie sei das kleinere Übel. Oder jemand entscheidet sich für die Betäubung in Form von Alkohol oder Drogen.

Keines dieser Maßnahmen behebt das Problem. Es wird lediglich aufgeschoben und im Zweifel gesellen sich neue Probleme dazu. Die Heilung kennt aus meiner Sicht keine Abkürzungen und auf lange Sicht hilft nur die Aufarbeitung der seelischen Belastungsstörungen. Es lohnt sich aber eindeutig!

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